Die Körperverletzung im österreichischen StGB

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Eines der üblichsten Delikte im österreichischen Strafrecht ist jenes der Körperverletzung, welche in §§ 83 ff des österreichischen Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Im Grunde genommen hat man eine Körperverletzung dann begangen, wenn man – in der Regel durch eine gewaltsame Handlung – eine andere Person am Körper verletzt hat. § 83 StGB stellt hierbei der wesentlichste Paragraph dar; durch die Anwendung zahlreicher weiterer Paragraphen (§§ 84-88 StGB) kann die Tat für den Täter jedoch sehr unterschiedliche Folgen haben – von einer Diversion bis hin zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe.

Dieser Post bietet hierzu einen kurzen Überblick. Themen wie zB Notwehr, Bestimmungen für Jugendliche oder der Ablauf eines Strafverfahrens werden hier nicht erörtert.

 

Vorsatz und Fahrlässigkeit

Für die Begehung einer Körperverletzung ist – wie bei den meisten anderen Delikten im österreichischen Strafrecht – ein gewisser Vorsatz erforderlich. Wer rein versehentlich eine andere Person verletzt, handelt nicht vorsätzlich. Es kann sich dabei dennoch um eine fahrlässige Körperverletzung handeln (dazu unten); ebenfalls können zivilrechtliche Schadenersatzansprüche im Raum stehen.

Vorsätzlich handelt man gemäß § 5 StGB, wenn man einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, hier sohin die Verletzung einer anderen Person. Dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Der Täter handelt weiters absichtlich, wenn es ihm darauf ankommt, einen gewissen Umstand oder Erfolg zu verwirklichen (und wenn dafür das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt). In ähnlicher Weise kann ein Täter auch wissentlich handeln (§ 5 Abs 2 und 3 StGB).

Strafbar handelt jedoch ebenfalls, wer eine Person zwar nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig am Körper verletzt (§ 88 StGB). Nach § 6 StGB handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und befähigt ist.

Fahrlässig handelt ebenfalls, wer es für möglich hält, dass – einfach gesagt – seine Handlungen gewisse Folgen haben können, er diese aber nicht herbeiführen will. Grob fahrlässig handelt schließlich, wer in einer ungewöhnlichen und auffallend sorgfaltswidrige Weise handelte.

  

Die tatsächliche Verletzung bei der Körperverletzung

Eine Körperverletzung begeht, wen einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Voraussetzung ist sohin eine tatsächliche Verletzung oder Gesundheitsbeeinträchtigung. Eine „Untergrenze“ findet sich hierfür nicht im Gesetz. Allgemein kann jedoch gesagt werden, dass von einer Körperverletzung bereits bei kleineren Wunden, zB Prellungen, Hautabschürfungen und Blutergüsse, die nicht sofort verschwinden, die Rede ist.

Eine Gesundheitsschädigung liegt dann vor, wenn die Handlung eine körperliche oder auch psychische Störung mit Krankheitswert hervorruft, oder wenn in sonstiger Weise der körperliche Zustand des Opfers nicht bloß unerheblich verschlechtert wird. Führt beispielsweise der Konsum eines verseuchten Lebensmittels zu mehreren Tagen Krankenstand, kann es sich um eine Gesundheitsbeeinträchtigung handeln.

 Von der Körperverletzung ist die Misshandlung zu unterscheiden. Die Misshandlung umfasst Handlungen, die in der Regel schmerzhaft und unangenehm sein, aber keine Verletzungen herbeiführen. Praxisbeispiele sind Ohrfeigen, Schubsen und Stoßen. Wird durch die Misshandlung fahrlässig (siehe oben) eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung verursacht, dann liegt ebenfalls eine Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB vor. Ob eine Misshandlung oder eine Körperverletzung vorliegt, kann – wie unten ersichtlich ist – kann für den Strafrahmen wichtig sein.

 

Varianten der Körperverletzung

Wie bereits erwähnt stellt § 83 StGB der wesentlichste Paragraph dar und wird in diesem das „Grunddelikt“ der Körperverletzung geregelt:

  • Wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt.

  • Eine Qualifikation findet sich in § 83 Abs 3 StGB: Wer eine Körperverletzung an Fahrscheinkontrolleuren oder an Personal von Rettungsdiensten begeht, und dies während oder wegen der Ausübung dieser Tätigkeiten, ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

§§ 84-88 StGB regeln jedoch eine Vielzahl an Varianten der Körperverletzung. Je nachdem, welche Bestimmung anwendbar ist (dh: Welcher Tatbestand erfüllt ist), können sehr unterschiedliche Strafen verhängt werden. Bei gewissen dieser Varianten handelt es sich um Qualifikationen, andere bilden eigenständige Straftatbestände.

Eine Auflistung folgt hierunter:

  • Schwere Körperverletzung (§ 84 StGB): Diese Bestimmung normiert schwerere Strafen mit einer Strafdrohung bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe für

    • Misshandlungen, die fahrlässig zu einer eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit, oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung des Opfers führen;

    • Körperverletzungen an Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen ihrer Tätigkeiten (zB die Verletzung eines Polizisten im Dienst);

    • die Begehung von mindestens drei selbstständigen Taten ohne begreiflichen Anlass und unter Anwendung erheblicher Gewalt;

    • die schwere Körperverletzung an sich, dh wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (siehe oben) herbeiführt. Hierfür droht abweichend eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren;

    • wer eine Körperverletzung auf eine Weise begeht, mit der Lebensgefahr verbunden ist, mit mindestens zwei Personen in verabredeter Verbindung oder unter Zufügung besonderer Qualen begeht.

 

  • Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB): Diese Bestimmung sieht strengere Strafen für Misshandlungen, die fahrlässig zu Körperverletzungen mit schweren Dauerfolgen führen sowie für Körperverletzungen oder Gesundheitsschädigungen mit schweren Dauerfolgen vor. Für die Misshandlung droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren; für die Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.

    Als schwere Dauerfolge nennt das Gesetz gewisse Beeinträchtigungen, welche das Opfer für immer oder für lange Zeit begleiten werden. Beispiele sind der Verlust oder schwere Schädigung des Sehvermögens, des Gehörs, eine erhebliche Verstümmelung oder ein schweres Leiden.

 

  • Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB): Wie die Überschrift dieser Bestimmung verrät, muss hier die Misshandlung oder Körperverletzung den Tod des Opfers zur Folge haben. Hierfür droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren (Misshandlung) oder von einem bis zu fünfzehn Jahren (Körperverletzung).

  • Schwere absichtliche Körperverletzung (§ 87 StGB): Hier wird für die schwere Körperverletzung (siehe dazu oben) eine strengere Strafe normiert, wenn sie absichtlich begangen wurde. Es muss dem Täter mit anderen Worten gerade darauf angekommen sein, die schwere Verletzung herbeizuführen. Diesfalls droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.

    Wurde die schwere absichtliche Körperverletzung an Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen ihrer Tätigkeit begangen, so erhöht sich die Mindeststrafe auf zwei Jahre. Strengere Strafen von einem bis zu fünfzehn Jahren sind zudem für den Fall, dass die Tat eine schwere Dauerfolge oder den Tod des Opfers nach sich zieht, vorhanden.

  • Fahrlässige Körperverletzung (§ 88 StGB): Wer fahrlässig (siehe oben) einen anderen am Körper beschädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Weitere Bestimmungen können eine Strafe jedoch ausschließen oder erschweren.

 

Zusammenfassend können somit insbesondere die nachstehenden Umstände zu einer anderen (höheren) Strafe führen:

Körperverletzungen an Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen ihrer Tätigkeiten (zB die Verletzung eines Polizisten im Dienst);

  • Schwere Körperverletzungen;

  • Körperverletzungen mit schweren Dauerfolgen (zB Blindheit);

  • Körperverletzungen mit tödlichem Ausgang;

  • Schwere Körperverletzungen, die absichtlich begangen wurden.

 

Einige praktische Aspekte

Schmerzengeld und sonstige Kosten

Zu beachten ist, dass das Opfer durch die erlittenen Verletzungen einen sogenannten Privatbeteiligtenanspruch, in der Praxis insbesondere einen Anspruch auf Schmerzengeld hat. Darüber hinaus sind Kosten wie zB jene des Krankenhauses, in welchem das Opfer wegen der Verletzungen behandelt wurde, zu ersetzen. Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, so hat das Gericht im Falle eines Schuldspruches grundsätzlich auch über allfällige Ansprüche des Opfers zu entscheiden. Diese können erheblich sein. Übersteigen die geltend gemachten Beträge jedoch jene, die der Richter tatsächlich zuerkennt, so wird das Opfer für die restlichen Ansprüche auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Dies bedeutet, dass das Opfer in einem Zivilverfahren noch weitere Ansprüche geltend machen könnte. Anders als im Strafverfahren ist das Opfer als Kläger jedoch einem gewissen Kostenrisiko ausgesetzt.

 

Diversion

Handelt es sich bei der Straftat um eine solche, die höchstens mit einer Freiheitsstrafe bis fünf Jahren bedroht ist, ist die Schuld nicht schwer, der Sachverhalt ausreichend geklärt und sind gewisse weitere Voraussetzungen erfüllt, so ist auch eine Diversion möglich. In diesem Fall verpflichtet sich der Täter zu gewissen Leistungen, zB zur Leistung eines Betrags zur Wiedergutmachung. Vorteil einer Diversion ist, dass hiermit eine strafrechtliche Verurteilung vermieden wird.

 

Bedingt oder unbedingt

Strafen können unbedingt oder bedingt unter Bestimmung einer Probezeit verhängt werden. Dies hängt immer vom Einzelfall ab. Auch eine sogenannte teilbedingte Strafe ist möglich.

 

Rechtsberatung empfohlen

Wer einer Straftat beschuldigt wird, wird empfohlen, sich ohne Verzögerung rechtliche Unterstützung einzuholen. Fehler passieren insbesondere oft am Anfang eines Strafverfahrens, jedoch lassen sich diese später nur schwer korrigieren. Ich unterstütze Sie und übernehme Ihre Verteidigung in österreichischen Strafverfahren. Kontaktieren Sie mich per E-Mail unter office@vastenburg.at, telefonisch unter 0043 680 4446590 oder verwenden Sie das untenstehende Formular für eine Anfrage.

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